Silber ist für Pauline Sauter Gold wert

Die 18-jährige Nürtingerin feiert den zweiten WM-Platz ausgiebig und belohnt sich mit einem zweiwöchigen Urlaub in Florida

Zum WM-Titel hat es nicht ganz gereicht. Aber die Silbermedaille bei der Ruder-Weltmeisterschaft in Sarasota/Florida ist für Pauline Sauter Gold wert. Das 18-jährige Aushängeschild des RC Nürtingen musste sich mit dem deutschen Doppelvierer in der U23-Leichtgewichtsklasse nur den Italienerinnen geschlagen geben. Platz zwei wurde ausgiebig gefeiert.

Die Waldorfschülerin belohnt sich jetzt selbst mit einem zweiwöchigen Urlaub in Florida. Mit auf den Trip geht ihre Teamkollegin und Freundin Antonia Wuerich. Am 11. August kehrt Pauline Sauter zurück. Dann wird der RCN seine erfolgreiche Sportlerin ehren. Gut möglich, dass auch die Stadt Nürtingen zu einem Empfang einlädt. Denn eine Vize-Weltmeisterin kann man nicht alle Tage begrüßen. Sie ist die erste Ruderin in der 98-jährigen Vereinshistorie des RCN, die sich für eine WM oder EM qualifizieren konnte. Und dann gleich so ein grandioser Triumph.

„So ganz kann ich es noch gar nicht glauben“, meinte eine überglückliche Pauline Sauter noch Stunden nach dem Zieleinlauf. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Nach der Rückkehr ins Hotel gab es erstmal eine ordentliche Portion Eis und eine Abkühlung im Swimming Pool. Abends gönnten sich die Silbermädels beim gemeinsamen Abendessen aller Leichtgewichte einen Wein.

„Der ganze Verein ist mächtig stolz auf Pauline“, sagte Andreas Keller. „Dass sie dies als jüngster Jahrgang in der U23 geschafft hat, zeigt auch die Qualität unseres Trainerteams.“ Der Zweite Vorsitzende des RCN, gleichzeitig verantwortlich für den Leistungssport, sah sich das WM-Finale im österreichischen Linz an. Dort nahm er über das Wochenende an einer Regatta teil.

Das Rennen in Sarasota am Samstag um 17.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit fand bei guten Wetterbedingungen statt. Schwere Unwetter mit Sturzregen wie an den Tagen zuvor blieben aus. Die bärenstarken Italienerinnen, die auch den Bahnverteilungslauf am Donnerstag dominiert hatten, setzten sich vom Start weg ab und bestimmten mit einer hohen Schlagzahl das Geschehen. Die an Position drei sitzende Pauline Sauter, Elisabeth Mainz (Berlin), Antonia Wuerich (Konstanz) und Schlagfrau Katrin Volk (Ulm) versuchten mit großer Anstrengung, den Abstand nicht abreißen zu lassen. Der Rückstand zur Halbzeit bei der 1000-Meter-Mark betrug lediglich knappe drei Sekunden.

Noch war nichts verloren, noch war der große Traum vom Gold im Bereich des Möglichen. Das Boot des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV) mobilisierte alle Kraftreserven. Doch Italien wehrte sämtliche Angriffe ab, ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und siegte nach zwei Kilometern in 6:26.68 Minuten. Mit 6,7 Sekunden Rückstand überquerte die DRV-Crew die Ziellinie vor Gastgeber USA und Frankreich. Mexiko war zum Finale nicht angetreten.

Noch zwei Stunden vor dem Start auf dem See in Sarasota-Bradenton hatte Pauline Sauter per Smartphone Kontakt mit ihrem Heimtrainer Sascha Hustoles. Die 18-Jährige berichtete ihm, alle seien topfit und würden dem Rennen entgegenfiebern. Sie hätten „unheimlich Bock“, eine Medaille zu holen. „Ich bin wahrscheinlich noch nervöser als Pauline“, meinte ihr Coach unmittelbar vor dem Ereignis. Er verfolgte das Geschehen zusammen mit 60 anderen Leuten auf einer großen Leinwand im Klubhaus des RCN.

Etliche Familienangehörige von Pauline Sauter, Freunde, Bekannte, Nachbarn und RCN-Mitglieder waren gekommen. Sogar zwei Erzieherinnen aus der damaligen Kindergartenzeit, die Klassenlehrerin und Mitschüler von der Waldorfschule sowie der Grundschule. Die Anspannung der Anwesenden vor dem Startschuss war förmlich zu spüren. Als der deutsche Vierer vorgestellt und Pauline groß ins Bild gerückt wurde, brandete Beifall auf.

Papa Jens Sauter hielt es auf seinem Stuhl nicht mehr aus und betrachtete den gesamten Rennverlauf im Stehen. Seine Frau Viola Kucklies saß aufgeregt neben ihm. Immer wieder waren im Raum aufmunternde Worte Richtung DRV-Boot zu hören. „Auf geht’s.“ - „Los, gebt Gas.“ - „Ihr packt das.“ Es klappte nicht ganz. „Schade“, meinte eine ältere Frau etwas enttäuscht. Der Konter von Viola Kucklies kam prompt: „Ach was. Pauline und die anderen haben eine Wahnsinnsleistung gezeigt. Super, einfach phantastisch.“ Dieser Tag würde das ganze Leben lang im Gedächtnis haften bleiben. Jens Sauter sprach von einer klasse Vorstellung und meinte, sie seien sehr stolz auf ihre Tochter. Dementsprechend riesig waren der Jubel und Applaus im Nürtinger Vereinsheim, als Paulines Name bei der Siegerehrung erwähnt wurde und sie ihre Silbermedaille umgehängt bekam.

Auch die Großeltern, die extra aus Backnang anreisten, waren selig. Ihm würden die Worte fehlen, sagte der Opa. Seit Wochen wären sie im Ruderfieber. Und nun so etwas. „Unwahrscheinlich.“ Paulines Bruder Luis blieb ganz cool. Der 14-Jährige hatte zuvor bei einem Wettspiel auf Silber getippt. Volltreffer. Dabei ist er im Gegensatz zu seinem Bruder Jurek kein Ruderexperte, sondern klettert viel lieber.

„Schee“ war das erste Wort, das Sascha Hustoles über die Lippen brachte. Silber sei wunderbar und genial. Pauline habe sich für den großen und schweißtreibenden Aufwand in den vergangenen Monaten belohnt. Der Coach schrieb umgehend eine Nachricht an Frank Decker, dem DRV-Trainerkollegen vor Ort: „Gratuliere! Danke für deine Arbeit.“ Die Glückwünsche an seinen Schützling holte er später nach. Pauline solle jetzt erstmal ihren Erfolg in vollen Zügen genießen. Während sie dies im fernen Florida tat, feierten ihre Fans in Nürtingen bis spät in die Nacht. Fortsetzung folgt, wenn die Vize-Weltmeisterin wieder im Ländle ist.

Mit Vollgas zu WM-Silber

‚Nur Eine hält sich nach dem Rennen noch senkrecht ….. Pauline!‘

Die Silber-Mädels: Katrin, Pauline, Antonia und Elisabeth (von links).

30.07.2019 || Bericht: Horst Jenne || Fotos: meinruderbild.de

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