Alles muss funktionieren

Am Wochenende veranstaltet der Ruderclub Nürtingen seine 46.Kurzstreckenregatta. Davor gabs für den Verein viel zu tun.

Insgesamt 28 Vereine mit rund 450 Sportlern werden am nächsten Wochenende dabei sein, wenn der Startschuss zur 46. Kurzstreckenregatta des Ruderclub Nürtingen (RCN) in Nürtingen fällt. An zwei Tagen, über 16 Stunden hinweg, werden die Ruderer in Einern, Zweiern, Vierern und Achtern um insgesamt 650 Medaillen wetteifern. Dazuhin werden Hunderte von Zuschauern erwartet, die das spannende Geschehen auf dem Neckar mitverfolgen.
Doch bevor das erste Rennen überhaupt gestartet werden kann, war und ist sehr viel Arbeit nötig. Das Regatta-Leitungsteam des Ruderclub mit Frank Maier, Uli Kaesswurm, Sebastian Werner und Philipp Nadler ist seit Monaten mit der Vorbereitung beschäftigt. „Eigentlich fängt die Vorbereitung der Regatta schon im November des Vorjahres an, wenn wir uns überlegen müssen, welche Rennen ausgeschrieben werden, wie das Meldegeld aussehen soll und vieles mehr“, berichtet Maier. Er kümmert sich schwerpunktmäßig um den Bereich der EDV bei der Regatta. „Ich erinnere mich noch an die Regatta im Jahr 1992, als wir zum letzten Mal mit insgesamt vier Schreibmaschinen die Meldungen verarbeitet haben.“ Im Jahr darauf wurde dann zum ersten Mal der Computer eingesetzt. Inzwischen arbeitet der RCN mit sechs PC-Arbeitsplätzen im Ziel und im Regattabüro.
Auch in anderen Bereichen hat sich die Nürtinger Regatta sehr stark weiterentwickelt. So haben sich die Zahlen der Meldungen und der Teilnehmer in den vergangenen drei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Gleich geblieben sind allerdings die Breite des Neckars und die Größe des Sattelplatzes. Und auf beiden wurde es zunehmend enger. So mussten die Startabstände von früheren fünf Minuten schon längst auf drei Minuten verkürzt werden, um alle Rennen an den zwei Tagen über die Bühne, beziehungsweise den Neckar herunter zu bekommen. Und längst beginnt die Regatta am Samstag nicht mehr ganz entspannt um 13 Uhr, sondern bereits um 10.30 Uhr. Noch früher ginge mit Rücksicht auf die Anreise der Gäste nicht. Am Sonntag startet dagegen das erste Rennen bereits um 8.30 Uhr. Und war ehedem am Samstagnachmittag gegen 17 Uhr Schluss, wird heute bis Sonnenuntergang um die Wette gerudert. Die früher übliche Mittagspause von einer Stunde musste inzwischen auch dem straffen Rennplan geopfert werden.
Rund vier Wochen vor dem Regattatermin, der übrigens immer wechselt, weil sich Nürtingen, Marbach und Bad Waldsee in einem rotierenden System abwechseln, beginnt die heiße Vorbereitungsphase. Die Samstage sind für Frank Maier und das Regattateam dann ausgebucht. Der erste Schritt ist immer, die ganzen Regatta-Materialien, die im ehemaligen Zementwerk-Pumpenhaus, dem sogenannten „Wasserhäuschen“, an der Strecke eingemottet waren, aus dem Lager zu holen. Einen ganzen Tag wird geräumt und geprüft, was instandgesetzt werden muss. Mit dabei sind viele fleißige Helfer aus dem Verein, zumeist junge aktive Ruderer.
Es werden zusätzliche Stege am Neckar installiert, damit die Ruderer genügend An- und Ablegeplätze haben. In diesem Jahr gibt’s einen neuen Regattasteg, der ebenfalls in Eigenleistung entstanden ist. Und ganz wichtig ist natürlich der „Siegersteg“, wo die Gewinner ihre „Radaddeln“ in Empfang nehmen.
„Wir spannen außerdem fast 1,5 Kilometer Stahlseile“, erklärt Maier weiter. Daran werden beispielsweise die Startnachen befestigt, auf denen dann die Starter (zumeist die Jüngsten des Ruderernachwuchses) liegen und die Boote bis zum Startsignal festhalten. „Das machen wir immer so spät wie möglich, denn wenn sich der Wasserstand noch verändern sollte, müssten wir alles nochmal neu einstellen“, so Maier weiter.
Ebenfalls so knapp wie möglich vor der Regatta musste in diesem Jahr auch wieder die Mähmaschine auf der Strecke zum Einsatz gerufen werden. Der heiße Sommer hat auch in diesem Jahr wieder das Algenwachstum stark gefördert und die Wasserpflanzen behindern die Ruderer schon seit Wochen. Eine Regatta unter diesen Bedingungen wäre undenkbar.
Auch viele hundert Meter Kabel müssen verlegt werden. „Wir brauchen eine Verbindung vom Bootshaus zum Start, damit im Ziel immer eindeutig klar ist, wer als nächstes auf die Strecke geht und wann das Startsignal erfolgt ist“, sagt Maier. „Das alte Kabel wurde beschädigt, also müssen wir auch das jetzt noch reparieren“.
Zum Schluss, am Tag der Regatta, müsse alles funktionieren, erklärt Maier mit der Betonung auf dem „muss“. Dabei lobt er ausdrücklich die rund zwanzig jungen Ruderer, die ihn und sein Team bei diesen Vorbereitungen tatkräftig unterstützen.
Auf breite Unterstützung aus dem Verein setzt auch das Bewirtungsteam des Ruderclub. An den beiden Regattatagen sorgen sie für die Verpflegung der Sportler und des Publikums. Es gibt neben den, bei solchen Veranstaltungen üblichen Würsten und Steaks vom Grill mit Pommes in Nürtingen auch Krautschupfnudeln, Maultschen (auch Veggi) und Kartoffelsalat. Im Schichtbetrieb stehen knapp sechzig Vereinsmitglieder hinter dem Grill oder am Zapfhahn, sitzen an der Kasse, bestücken das Spülmobil oder geben Kaffee und Kuchen aus. „Das ist auch immer eine aufwändige Aufgabe, die Helfer zu akquirieren und einzuteilen“, sagt Heike Weiss, die diese Aufgabe innehat.
„Für unser Speisenangebot bekommen wir viele Komplimente, denn das gibt es sonst auf keiner anderen Regatta“, freut sich auch Maier. Die Vereine, die in Nürtingen übernachten, werden in einer Turnhalle untergebracht und bekommen am Sonntagmorgen zudem ein opulentes Frühstücksbuffet am Ruderclub.
Die Nürtinger Regatta erfreut sich seit Jahren wachsender Beliebtheit bei den Vereinen aus ganz Süddeutschland. Grund dafür ist auch, dass Maier und sein Team sich immer Gedanken machen, wie sie die Sportveranstaltung und den Service für die Gäste noch verbessern können. „Wir fragen uns immer, was für unsere Zielgruppe am besten passt“, erklärt Maier. Nach jeder Regatta wird Bilanz gezogen, wo eventuell Probleme aufgetaucht sind und wie man sie künftig beheben kann. „Wir versuchen, flexibel zu sein und so weit wie möglich auf die Wünsche unserer Teilnehmer einzugehen, was beispielsweise den Rennplan und die Ausschreibung von Rennen angeht.“ Da es sich um eine offizielle Regatta des Deutschen Ruderverbands (DRV) handelt, muss dabei natürlich das DRV-Regelwerk berücksichtigt werden. Experte dafür ist Uli Kaeswurm, der seit rund vierzig Jahren als DRV-Schiedsrichter aktiv ist und als Wettkampfrichter-Obmann die Regatta betreut.
Auch im Bootshaus und im Vereinsgebäude fing vor einigen Wochen schon die große Räum- und Putzaktion an. Dort wo sonst die Boote in drei Etagen übereinander auf ihren Halterungen liegen, muss jetzt das Regattabüro Platz finden.
In den Tagen direkt vor der Regatta legen alle noch mal eine Schippe drauf: es müssen Zelte für die Bewirtung aufgebaut werden, die Rennstrecke im Neckar mit Bojen versehen werden, die EDV installiert werden und hunderttausend Kleinigkeiten organisiert und vorbereitet werden.
Doch am Samstag um 10.30 Uhr wird wie immer alles bereitstehen und funktionieren – muss!

Gedränge auf und neben dem Neckar. Der Ruderclub Nürtingen rüstet sich für seine Regatta am kommenden Wochenende.

26.09.2023 || Bericht: Kareen Keller || Foto: Andreas Keller

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