„Eher trocknet der Neckar aus“

Der Ruderclub Nürtingen (RCN) lud zur 100-Jahrfeier in die Stadthalle

Es liegt in der Natur der Sache, dass der Termin für ein Jubiläum bereits lange feststeht – beim Ruderclub Nürtingen seit genau 100 Jahren. Im Herbst 1921 hoben 25 sportbegeisterte Nürtinger den Ruderclub aus der Taufe. Grund also, dieses Jubiläumsjahr, das pandemiebedingt auch für die Ruderer kein einfaches war, dennoch mit einer großen Geburtstagsfeier des Vereins zu krönen. Statt der üblichen Herbstfeier im kleineren Rahmen, lud der RCN diesmal zur 100-Jahrfeier in die Stadthalle. Mit dabei waren neben den Aktiven und deren Familien auch viele ehemaligen Ruderer sowie Gäste vom Landes- und Bundesruderverband als auch Nürtingens OB Johannes Fridrich und Bürgermeisterin Annette Bürkner.

Vereinsvorstand Gisbert Zahn freute sich sehr, so viele Gäste willkommen heißen zu können. Sein Blick auf die Vereinsgeschichte war persönlich und mit sichtbarer Begeisterung: „Der Ruderclub war und ist das volle Leben“. Der Verein sei immer in Bewegung geblieben – so übrigens auch das Motto „100 Jahre in Bewegung“ – und immer auch etwas durch-geknallt gewesen.

Thorsten Gorski, Vizechef des Deutschen Ruderverbands überbrachte neben einer goldenen Verbandsflagge auch die besten Glückwünsche der höchsten deutschen Ruderorganisation und „der gesamten deutschen Ruderfamilie“.

Die Bandbreite innerhalb des RCN zeigte ein kurzer Film, in dem Zahn sechs unterschiedliche Ruder-Generationen in kurzen Interviews zu Wort kommen ließ. Von den ältesten RCN-Mitgliedern Alice und Dieter Zahn, beide Ende Achtzig, bis hin zu den „Ruderküken“ Annika Weiß und Charlotte Arold mit gerade mal 15 Jahren, waren sich aber alle einig: Ihr Sport bereicherte und bereichert ihr Leben immens.

Dass dies so war und ist, so betonte auch der Conférencier des Abends, Martin Fouqué, liegt zum Gutteil auch an der herausragenden Arbeit der Trainer des Vereins. Eine kleine filmische Hommage an die 16 ehrenamtlichen Trainer würdigte die „Garanten des Erfolgs“, bevor diese dann live die Bühne betraten. RCN-Sportchef Andreas Keller hatte nicht nur warme Worte des Lobes und Dankes für die beeindruckende Trainerriege, sondern auch ein kleines Geschenk bereit.

‚Garanten des Erfolgs‘: Der Ruderclub Nürtingen ehrt bei der 100-Jahr-Feier im K3N auch seine Trainer.

Fast wäre Oberbürgermeister Fridrich selbst zum Ruderer geworden, berichtete dieser in seiner Grußrede. Immerhin hatte er schon einen Platz im begehrten Anfängerkurs ergattert und bereits eine Probestunde absolviert. Doch dann kam ihm seine damals beginnende Karriere als Stadtoberhaupt in die Quere und sein Terminplan ließ keine Zeit mehr für ruderische Ambitionen. Dass er dem Verein dennoch stark verbunden ist, machte der OB sehr deutlich. Besonderes Lob hatte er für den Ruderclub, weil dieser in Coronazeiten als einer der wenigen Vereine des Landes, bereits zwei Regatten unter den besonderen Anforderungen und Bedingungen erfolgreich gestemmt hat.
Er betonte die Bedeutung des RCN für die Kommune und dankte allen Ehrenamtlichen für ihr Engagement. „Der Ruderclub ist nicht mehr aus Nürtingen wegzudenken. Bevor es den Ruderclub nicht mehr gibt, trocknet eher der Neckar aus!“

Hoffentlich immer die obligatorische Handbreit Wasser unterm Kiel hat allerdings das neue „Flaggschiff“ des Vereins, ein nagelneuer Rennvierer bester Ausführung, den Fridrich dann auf den Namen „MCMXXI“ taufte. Hier kämen ihm dann noch seine Lateinkenntnisse aus der Schule zugute, meinte der Taufpate und übersetzte fürs Publikum: „1921“.

Dies war nicht das einzige Boot, das bei dieser Gelegenheit offiziell seinen Namen erhielt. Bürgermeisterin Annette Bürkner verpasste dem neuen Rennzweier eine Sektdusche und den Namen „Rowlegs“. Jurek Sauter, einer der erfolgreichsten RCN-Sportler der Saison, taufte einen neuen Doppelzweier auf den Namen „Panda“ und Nele Fischer, eine der jüngsten Ruderinnen des Vereins, war Taufpatin für „Oreo“, einen neuen Kindereiner. „So was gabs noch nie, dass wir vier Boote auf einmal taufen konnten“, war Fouqué begeistert.

Per Video-Botschaft erreichten die Glückwünsche von Nadine Lillich, der Marketing-Chefin von Metabo den Saal. Als langjähriger Sponsor steht das Nürtinger Traditionsunternehmen dem Ruderclub sehr nahe.

Heike Breitenbücher, Vorsitzende des Landesruderverbandes Baden-Württemberg, wünschte in ihrem Grußwort dem Ruderclub „viel Mut, viel Kraft und viel Freude für die nächsten hundert Jahre“. Sie freute sich sehr, gemeinsam mit Fouqué besonders langjährige Mitglieder ehren zu dürfen. Volker Wintergerst, ehemaliger RCN-Vorstand und inzwischen Ehrenvorsitzender, bekam die Ehrenmedaille für 40 Jahre Vereinstreue. Ebenso lange ist bereits Frank Maier dem Rudersport verbunden – davon allein 25 Jahre als Bootswart und Vorstandsmitglied. Beeindruckende 60 Jahre dabei und immer noch sportlich sehr aktiv ist Bernd Wolfer. Und schließlich bejubelte der Saal noch die 70 Jahre Ruderkarriere von Wolfram Schöck, der ebenfalls noch regelmäßig sein Ergometertraining im Verein absolviert.
Sie alle bekamen gleichfalls die Ehrenmedaille des RCN verliehen.
An diesem Abend leider nicht teilnehmen konnte Georg Waidelich, der wie sein Ruderfreund Schöck, sein 70. Vereinsjubiläum feiert. Ebenfalls nicht dabei sein konnten Richard Hummel und Heiner Keller, die dem RCN seit 50 Jahren angehören. Auch Ulrich Bauhof, Dirk Otto und Günther Burger konnten leider die Glückwünsche zum 40jährigen Jubiläum ihrer Vereinszugehörigkeit nicht persönlich entgegen nehmen.

Es ist gute Tradition beim Ruderclub, zum Ende der Saison noch einmal alle Erfolge und Siege des ablaufenden Jahres Revue passieren zu lassen und zu würdigen – so auch bei dieser Jubiläumsfeier.

Die goldene Ehrenmedaille für herausragende Ergebnisse bei großen Regatten wurde diesmal Jurek Sauter zuteil. Er sammelte in dieser Saison, einen dritten Platz bei den Europameisterschaften, zwei Vizetitel bei den Deutschen Kleinboot- und Sprintmeisterschaften sowie vier Landesmeistertitel ein. Die goldene Ehrenmedaille gabs auch für Levin Burkhart. Neben einem Deutschen Junioren-Meistertitel holte er eine Goldmedaille beim Baltic-Cup und zwei weitere Podestplätze bei den Deutschen Sprintmeisterschaften.
Silberne Ehrenmedaillen hatte Sportchef Andreas Keller noch für Marvin Rüdt, Tanja Knöll, Neele Zahn, Annika Weiß und Charlotte Arold . Sie alle hatten in diesem Jahr auf Deutschen Meisterschaften Plätze auf dem Treppchen errungen.

Die Bühne voll wurde dann, als die gesamte Besatzung aller auf den deutschen Sprintmeisterschaften erfolgreichen RCN-Achter auf die Bühne kam. Sowohl der A-Juniorinnen-Achter als auch ihre männlichen Kollegen wurden nochmals für ihre jeweils dritten Plätze geehrt. Der B-Junioren-Achter hatte sogar den Vize-Meistertitel geholt. Neben diesen drei Achtern holten auch der Juniorinnen- und der Männer-Doppelvierer Silber.

Nicht genug, ein weiterer Erfolg freute Sportvorstand Keller wieder besonders. Auch im Jubiläumsjahr schaffte es der Ruderclub, den begehrten Pokal des Ministerpräsidenten für den erfolgreichsten Verein bei den Landesmeisterschaften Ende Oktober wieder an den Neckar zu holen. Diesmal, so erinnerte sich Keller, war es ganz schön knapp, da die Ulmer alles dransetzten, den Nürtingern den „Kretschepokal“ abzujagen. „Aber das ist es, was unseren Verein ausmacht; alle helfen zusammen, von ganz klein bis ganz groß“, war Keller begeistert.

Insgesamt fuhren die RCN-Aktiven in dieser Saison, die durch Corona deutlich beeinträchtigt war, 349 Siege ein. Martin Fouqué und die Gäste im Saal waren sich einig: “Ihr seid einfach spitze.“
B-Junior Phil Weckenmann trug dazu allein 22 Siege bei und war damit der RCN-Junior mit den meistern Siegen dieser Saison. Dafür kann er nun seinen Namen auf dem Richard-Maier-Gedächtnispokal graviert lesen und darf den Pokal für ein Jahr in sein Regal zuhause stellen.

Nicht nur Vergangenes und Aktuelles bot der Abend. Eine Arbeitsgruppe innerhalb des Vereins hatte über ein ganzes Jahr hinweg gearbeitet, um dem Publikum auch eine Zukunftsvision präsentieren zu können. Der „Bauausschuss“ stellte zwei Varianten einer möglichen baulichen Vergrößerung des derzeitigen Ruderclub-Gebäudes vor. Zahn steuerte noch einen virtuellen Rundgang durch eine angedachte Aufstockung auf die Bootshalle bei.
Mit diesem sehr verlockenden Ausblick auf die Möglichkeiten in der Zukunft endete der offizielle Teil der Feier – ab da wurde dann nur noch gefeiert.

15.11.2021 || Bericht: Kareen Keller-Kuhnle || Foto: Pia Knappe

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