Nicht nur Medaillen zählen

Klischees, etwa, dass Meisterschaften immer ihren eigenen Gesetzen folgen, scheinen nicht von ungefähr zu kommen. Diese Erfahrung machten am vergangenen Wochenende wieder einmal die Ruderer des Ruderclub Nürtingen (RCN), die zu den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften nach Köln gefahren waren. Zwölf Sportler der Altersgruppen U23, U19 und U17 waren mit vier Trainern an den Fühlinger See bei Köln gereist. Mit insgesamt fünf Medaillen, drei silbernen und zwei bronzenen, war die Ausbeute sehr zufriedenstellend – auch wenn sich die eine oder andere Gold-Hoffnung nicht erfüllt hat.

Auf den großen nationalen Regatten des Frühjahrs hatte man sich schon beschnuppert, beharkt und Favoriten ausgemacht. Doch die Deutschen Meisterschaften sind immer für Überraschungen gut. Trainer David Wollschlaeger bezeichnete nicht umsonst die Veranstaltung mit 1200 Teilnehmern als das „High-End-Ereignis“ der Saison. Das erfuhr auch Levin Burkhart (U19) vom RCN. Er saß im Südteam-Vierer mit Steuermann, bei dem es neben der Goldmedaille zugleich auch um die Nominierung für die Nationalmannschaft bei den Junioren-Weltmeisterschaften ging. Der Gewinner hat das Ticket für die WM in der Tasche. Leider reichte es für Burkhart und Co. nicht ganz , sie landeten nach einen spektakulären Rennen auf dem Silber-Rang hinter dem Team aus Niedersachsen. Burkhart saß zudem im Südteam-Achter, in dem die besten Junioren-Ruderer aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland versammelt sind. Schon allein hier einen Rollsitz zu ergattern, ist aller Ehren wert. Bislang war diese Mannschaft in der aktuellen Saison ungeschlagen. Aber ja, auch hier schlug wieder das Klischee zu: Der Südteam-Achter hielt dem psychischen Druck des Favoriten nicht stand und kassierte leider die erste Saisonniederlage. Noch ein Kuriosum bei diesem Rennen: die Sportler der ukrainische Junioren-Nationalmannschaft starteten alle als Mitglied des Hannoverschen Regattaverbandes und holten Silber.

Levin Burkhart (rechts) vom Ruderclub Nürtingen ruderte knapp an der Teilnahme zur Junioren-WM vorbei, holte sich aber Silber und Bronze auf der Deutschen Jahrgangsmeisterschaft. Diese fanden am vergangenen Wochenende auf dem Fühlinger See bei Köln statt.

Besser lief es bei Jurek Sauter (U23), der sich im leichten Achter Silber erkämpfte. Auf der zweiten Streckenhälfte konnte sich Sauters Crew noch vom dritten auf den zweiten Rang vorkämpfen.

Zwei unterschiedliche Medaillen für zwei RCN-Ruderer im gleichen Rennen: Emil Rauscher (links) schnappte sich Silber, Phil Ole Weckenmann sicherte sich Bronze im leichten Doppelvierer ohne Steuermann bei den A-Junioren.

Gleich zwei Nürtinger , allerdings in verschiedenen Booten, lagen im leichten Doppelvierer der A-Junioren am Start: Emil Rauscher saß mit Sportlern aus Konstanz, Mainz und Trier im Boot, Phil Weckenmann in einer zweiten süddeutschen Renngemeinschaft. Und dieses Rennen hatte es in sich. Der Rauscher-Vierer jagte von Anfang bis Ende dem Boot aus Hamburg hinterher. Die waren nach der Startphase mit einer halben Länge vorne. Egal, welchen Spurt die Jungs um Rauscher versuchten, Hamburg konterte. So gingen dann diese beiden Boote sechs Minuten und 2000 Metern später mit dem gleichen Abstand über die Ziellinie, den sie schon nach 200 Metern hatten. Aber Rauscher freute sich über Silber, er hatte alles gegeben. Und Weckenmann freute sich neben ihm auf dem Siegerpodest ebenfalls sehr über eine zusätzliche Bronze-Medaille für den RCN.

Durch einen starken Schlussspurt sicherte sich Jurek Sauter (schwarzes Trikot, 3. von links) noch die Silbermedaille im leichten Männer-B-Achter.

Aber nicht alleine Medaillen zählen beim Saisonhöhepunkt, sondern auch die persönliche Bestleistung. Davon hatten weitere RCN-Sportler noch viel zu bieten. Neben den Medaillengewinnern konnten sich noch weitere acht Nürtinger für das A-Finale qualifizieren. Sie ruderten sich unter die jeweils sechs besten Boote aus Deutschland.
Den Auftakt machten Luca Swoboda und Jonas Benke im ungesteuerten Vierer der A-Junioren. Sie kamen auf dem fünften Platz ins Ziel; dasselbe schafften sie dann nochmals im zweiten Südteam-Achter. Auch Weckenmann erruderte sich neben seiner Bronzemedaille noch einen fünften Platz im leichten Doppelzweier mit seinem Esslinger Bootspartner.

Ebenfalls zwei A-Final-Teilnahmen hatten Julian Engel und Max Melcher erkämpft. Im Zweier ohne Steuermann bei den Junioren B (U17) ruderten sie ein beherztes Rennen und holten sich den fünften Platz. Im neu gebildeten B-Junioren-Achter des Landesruderverbandes Baden-Württemberg wurde es dann Platz sechs.
Ina Liebrich und Nele Fischer schafften ebenfalls einen fünften Platz im leichten Doppelvierer bei den Juniorinnen B.
In der gleichen Bootsklasse bei den Jungs setzte Hannes Fouqué und seine Mannschaft alles auf eine Karte, gingen das Tempo der besten Boote am Start mit und bezahlten dies bitterlich auf der zweiten Streckenhälfte. Fouqués Vierer wurde bis auf den letzten Platz durchgereicht. Im Rudersport heißt das ‚Fly and die‘.
Den Abschluss bei den Nürtingern machte Jara Hümpfner ebenfalls mit einem sechsten Platz.
Den Sprung ins A-Finale verpassten dagegen Justin Haussmann, Elias Mürle und Charlotte Arold.

„Unterm Strich sind wir sehr zufrieden“, so die einhellige Meinung der RCN-Trainer Merit Linder, Oli Peikert, Sascha Hustoles und David Wollschlaeger. „Das ist der Höhepunkt für alle Ruderer bis 22 Jahre, wer hier ins A-Finale fährt, kann stolz auf seine Leistung sein“ fasst es Linder für die gesamte RCN-Crew zusammen.

Nun stehen noch die Landesmeisterschaften in drei Wochen in Breisach an. Hier wollen alle Nürtinger, von den Kindern über Junioren, Frauen und Männer bis zu den älteren Masters zum sechsten Mal in Folge den Pokal für den erfolgreichsten Verein in Baden-Württemberg gewinnen.

30.06.2022 || Bericht: Kareen und Andreas Keller || Fotos: Detlev Seyb/meinruderbild.de

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