Nürtinger Rudernachwuchs bei der Hitzeschlacht in Hürth

Mehr als 1000 Kinder trafen sich vom 03.07 bis 05.07 am Hürther Otto-Maigler-See zum Bundeswettbewerb im Rudern, um die Besten der Jahrgänge 2001 bis 2003 zu ermitteln. Darunter waren auch sechs Nachwuchssportler des Ruderclub Nürtingen, die sich Mitte Juni beim Qualifikationsrennen in Esslingen für einen Einsatz empfohlen hatten und in das 52-köpfige Aufgebot des Landesruderverbands Baden-Württemberg (LRVBW) berufen wurden.

Der Bundeswettbewerb des Deutschen Ruderverbands besteht aus drei Wettkämpfen an drei aufeinanderfolgenden Tagen: der Langstrecke, dem allgemeinathletischen „Zusatzwettbewerb“ und der abschließenden 1000 Meter-Regatta. Dabei kämpfen die Sportler nicht nur für sich selbst sondern immer auch um Punkte für ihre Landesverbände. Der Ablauf des diesjährigen Bundeswettbewerbs wurde stark durch die äußeren Umstände geprägt – die Hitzewelle hatte Deutschland fest im Griff und sorgte für Bedingungen, bei denen aus medizinischer Sicht von intensiverer körperlicher Betätigung im Freien eigentlich nur dringend abgeraten werden kann …

Am Freitag stand als Auftaktwettkampf der Langstreckenwettbewerb auf dem Programm. Um die Kinder nicht über die Maße zu belasten und die Mittagshitze zu vermeiden, wurden sowohl die Strecke von 3 km mit 180°-Wende auf 2 km ohne Wende verkürzt als auch die Startabstände für diesen Kampf gegen die Uhr auf die Hälfte verringert. Merit Linder startete als erste der Nürtinger Truppe im Einer der leichtgewichtigen Mädchen (< 52,5 kg) des Jahrgangs 2001. Sie machte ihre Sache weitaus besser als vor 3-Wochen-Frist in Esslingen: Technisch sauber und mit schöner Schlaglänge kam sie nach 9:16 Minuten ins Ziel und erkämpfte sich mit der zehntbesten Zeit einen Platz im B-Finale. In ihrer Abteilung erzielte sie zudem die zweitbeste Zeit, gleichbedeutend mit einer Auszeichnung bei der abendlichen Siegerehrung – das Glück ist mit den Tüchtigen! Nicht ganz so gut lief es bei den Jungs (Theo Remerscheid, Sami Kuschmann, Max Scheufele, Alexander Rosenfeld und Steuermann Jurek Sauter) in der Klasse der gesteuerten Doppelvierer der Jahrgänge 2002/2003. Das Streben nach maximaler Dynamik ging etwas auf Kosten der Bewegungssynchronität, so dass unterm Strich mit 8:36 Minuten leider nur die 14. Zeit heraussprang und das eigentliche Ziel Platz 11 – gleichbedeutend mit der Qualifikation für das B-Finale – um 7 Sekunden verpasst wurde. Andererseits machten der geringe Abstand und das suboptimale Rennen Hoffnung, beim Kampf um die ersten Plätze im C-Finale am Sonntag ein gewichtiges Wörtchen mitreden zu können.

Am zweiten Tag des Bundeswettbewerbs stand der Zusatzwettbewerb an, bei dem in landesinternen 10er- oder 11er-Teams allgemeine athletische und koordinative Übungen absolviert werden müssen. Als Reaktion auf den anstehenden heißesten Tag des Wochenendes wurde die laufintensivste der 8 Übungen gestrichen und das Programm eine Stunde vorverlegt. Trotzdem wurde es insbesondere für die späteren Gruppen zu einer wahren Hitzeschlacht bei Temperaturen im obersten Dreißiger-Bereich. Ungeachtet dessen waren die fünf baden-württembergischen Teams sehr engagiert und machten ihre Sache richtig gut. Mit dem 9. Platz unter den 16 Bundesländern konnte eine weitaus bessere Platzierung errungen werden, als das angesichts der geringen Teamgröße zu erwarten gewesen war. Als besonders eifrige Punktesammler taten sich die Riege mit Jurek Sauter mit einem zweiten Platz und die Riege um Theo Remerscheid und Sami Kuschmann hervor, die ihre Abteilung gar für sich entscheiden konnte. Alle 3 Nürtinger durften sich bei der nachmittäglichen Siegerehrung des Zusatzwettbewerbs auf der großen Bühne feiern lassen.

Höhepunkt eines jeden Bundeswettbewerbs ist die abschließende Bundesregatta mit Rennen über offizielle 1000m-Strecke. Hier werden in A- bis D-, E- oder gar F-Finals in direkten Duellen die Besten ermittelt. Abermals reagierte die Wettkampfleitung auf die Hitze: Die Zeitabstände zwischen den Rennen wurden auf ambitionierte 3 Minuten verkürzt, die ersten Starts auf noch frühere Morgenstunde ab 7:30 Uhr vorverlegt. Dass nicht alles beliebig planbar ist, zeigte sich dann eine Stunde später – eine vorbeiziehende Gewitterfront sorgte für einen Regattaabbruch und eine fast 2,5-stündige Unterbrechung. Direkt davon betroffen war auch der RCN-Jungen-Vierer, der sich schon auf dem Weg zum Start befunden hatte und die sehr gut organisierte Evakuierung des Sees aktiv miterleben durfte. Beim Wiederstart der Regatta waren die Temperaturen etwas geringer, die relative Luftfeuchtigkeit dafür deutlich höher, was die Organismen der Kinder auf eine harte Probe stellte und einige kollabierte Sportler mit sich brachte. Einen gebrauchten Tag erwischte der Jungen-Vierer. Nach gutem Start fiel man schon in der Anfangsphase durch einen „Krebs“ – so nennt man in Rudererkreisen einen Skullverlust, der zu einem scharfen Abbremsen führt – fast aussichtslos zurück. Während sich vorne die beiden Team aus Schleswig-Holstein und Bayern abgesetzt hatten, arbeiteten sich die Nürtinger mit starker Moral wieder an die um Platz 3 kämpfenden Boote inkl. dem zweiten LRVBW-Team aus Heidelberg heran. Ein zweiter, noch kapitalerer Krebs bei 800 Meter beendete die Aufholjagd, so dass der fulminante Endspurt mehr für die Galerie als für eine Verbesserung des Gesamtplatzes 16 war. Da wäre mehr drin gewesen!

Eine Verbesserung des Langstreckenplatzes sollte auch Merit Linder nicht gelingen. Allerdings fuhr sie sehr gut mit und hatte schlussendlich etwas Pech, beim engen Kampf von drei Booten um Platz 3 im B-Finale knapp das Nachsehen zu haben und insgesamt auf Platz 11 anzukommen. Die gefahrene Zeit war aber gut, und ein Rückstand von lediglich 1,5 Sekunden auf die A-Final-Zeit der bis dato übermächtigen Gegnerin aus Baden-Württemberg macht Hoffnung für die am letzten Juli-Wochenende anstehenden Landesmeisterschaften in Breisach. Bei diesem zweiten und letzten Saisonhöhepunkt will auch der Jungs-Vierer voll angreifen und die Kollegen aus Heidelberg möglichst wieder hinter sich lassen.

Für Baden-Württemberg sprang im Endklassement jener 12. Platz heraus, der angesichts der geringen Mannschaftsstärke auch zu erwarten gewesen war. Hier spiegeln sich im Endeffekt deutliche Standortnachteile gegenüber den meisten anderen Bundesländern wider, in denen Rudern wesentlich präsenter in der Form von regulärem Schulsport oder gar Rudergymnasien ist. Den Rudersport populärer zu machen, bessere Ruderverein-Schul-Kooperationen anzuschieben sowie eine frühere, intensivere Talentförderung stehen auf der Agenda des LRVBW, um mittelfristig einen Platz unter den ersten 10 Landesruderverbänden einzunehmen.

Merit Linder bei der Ehrung für ihren zweiten Abteilungsplatz beim Langstreckenrennen, eingerahmt von Maskottchen RUDI und DRV-Generalsekretär Christian Baumann

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