Rheinmarathon 2013

Inlusive Erfahrungsbericht eines Teilnehmers (ganz unten!)

Premiere für den Ruderclub Nürtingen. Erstmals in der Vereinsgeschichte starteten zwei Boote beim 42. Düsseldorfer Rheinmarathon am 5. Oktober 2013 von Leverkusen nach Düsseldorf. Überraschungserfolg beim ersten Start über die Marathondistanz von 42,8 Kilometern durch den Mastersvierer mit Steuermann in 2:18:48 Stunden. Das war auch der Sieg in der Klasse Männer-Gig-Doppelvierer m. Stm. MDA 43 Jahre und eine Top-Ten Platzierung in der Gesamtwertung von 144 Booten mit über 700 Ruderinnen und Ruderern aus sechs Nationen. Das zweite Nürtinger Boot hörte nach 2:34:39 Stunden die Zielglocke und belegte den 73. Platz. Der Nürtinger Langstreckenspezialist und Vorjahressieger Matthias Auer startete in der Renngemeinschaft Köln/Leverkusen/Hamm/Nürtingen. In 2:08:21 Stunden belegte er hinter der Rgm Köln/Neuwied den zweiten Platz.

Der Start für das erste Boot im ersten Rennen erfolgte um 9 Uhr. Gestartet wurde im 90 Sekundentakt. Mit der Startnummer 15 ging das erste Nürtinger Boot um 9.27 Uhr über die Startlinie. Die Mannschaft mit Charlotte Rudolf, Peter Maier, Marcel Kirchner, Andreas Lingscheid und Ansgar Müller sind reine Hobbysportler. Für sie hieß es ankommen ist alles. Bei der Zwischenzeit in Dormagen nach 1:06:07 Std. waren dann auch der ganze Körper, insbesondere die Hände zu spüren. Das im Vergleich zum Nürtinger Neckar sehr unruhige Rheinwasser kostete sehr viel Aufmerksamkeit und Kraft. Vor den letzten 10 Kilometern wurde dann noch ein Wechsel vorgenommen. Der bisherige rheinerfahrene Steuermann Andreas Lingscheid wechselte auf den Schlagplatz und Peter Maier an die Steuerseile. In dieser Besetzung ging die Mannschaft nach 2:34:39 Stunden über die Ziellinie.
Im zweiten Nürtinger Boot mit der Startnummer 17 saßen die erfahren Mastersruderer und aktuellen World Master Sieger im Vierer ohne Stm. Martin Fouque, Gerhard Kehl und Andreas Keller. Doch statt der Renndistanz von 1000 Metern waren jetzt ja 42.800 Meter zu rudern. Zusammen mit dem langstreckenerfahrenen Bugmann Patrick Plagge hatten sie sich nicht nur ankommen sondern auch eine gute Zeit vorgenommen. Plagge war es auch, der in vielen Stunden, oft bis spät in die Nacht, die für den Rhein unbedingt erforderlichen Wellenbrecher konstruierte, mit Motorradbatterien betriebene Lenzpumpen organisierte und wasserdicht einbaute. An den Steuerseilen saß mit über 40 Jahren Rudererfahrung Hans Willi Kies. Gut verpackt, gegen Wind und Wellen geschützt, um über 2 Stunden ohne Bewegung auf dem Rhein zu überstehen. Nach dem Start um 9.31 Uhr wurde mit der zuvor lange trainierten ruhigen Schlagzahl und entsprechendem Druck begonnen. Auch hörte es auf zu regnen und das Wetter wurde besser. Das Boot lief gut, der Rhythmus passte und so konnte die geplante Zeit schon an der ersten Zwischenmarke erheblich unterschritten werden. Die nach 20 Kilometern gestoppte Zwischenzeit von 57:54 Minuten lag immer noch wesentlich unter dem aufgestellten Fahrplan. Das steigerte die Erwartungen und brachte Kraft, Energie und Motivation zurück. Da sich die Mannschaft insgesamt gut fühlte mussten weder Druck noch Schlagzahl verändert werden. Die drei geplanten kurzen Pausen, während der immer zwei Ruderer weiter rudern, konnten auf zwei reduziert werden. Doch nahm auf den letzten Kilometern der Schiffsverkehr erheblich zu. Berg und talfahrende Frachter und Flußkreuzfahrtschiffe brachten den Rhein fast zum „kochen“ und das Boot hüpfte manchmal wie ein Korken übers Wasser oder krachte mit dem Bug durch die Wellen. Mit einer herausragenden Leistung schaffte die Mannschaft dann die Strecke in 2:18:48 Stunden. Eine beachtliche Leistung. Lag doch die Kilometerzeit um 45 Sekunden unter der geplanten 4 Minuten-Marke.

Das Düsseldorfer Marathonrudern ist der bedeutendste und beliebteste Langstreckenklassiker im Bereich des Rudersports in Deutschland. Jedes Jahr aufs Neue stellen sich hunderte von Ruderern, Hobbysportler jeden Alters, Weltmeister und Olympiasieger aus ganz Europa, dem Kampf gegen Wind, Wellen und Strömung auf dem Rhein. Rheinrudern ist anders. Rheinrudern ist ein Kampf gegen die Elemente. Deshalb müssen auch besondere Vorbereitungen für Mensch und Material getroffen werden um die lange Distanz zu überstehen. Die Hände und das Sitzfleisch werden über mehr als zwei Stunden extrem beansprucht und strapaziert. Für die Ruderer ist auch die Ernährung unterwegs ein wichtiger Faktor. So sind Kohlenhydrate und regelmäßiges trinken sehr wichtig um den Energiehaushalt des Körpers zu versorgen. Trinkflaschen und an die innere Bordwand geklebte Müsliriegel helfen dabei. Aber auch die Boote müssen darauf speziell vorbereitet werden. Dazu werden zwischen den Auslegern lange Abklebungen vorgenommen, im Bug wird ein eigens dafür konstruierter Wellenbrecher montiert. Auch das Heck wird mit Folie abgeklebt. Das unweigerlich trotzdem immer übernommene Wasser wird durch eine Lenzpumpe, die durch eine wasserdicht eingebaute Motorradbatterie betrieben wird, abgepumpt. Die Ruderer sind auch nicht allein auf dem Rhein. Er ist ja kein gemütliches Freizeitflüsschen. Vor allem die Berufsschifffahrt ist immer unterwegs. Und sie hat absolute Vorfahrt. So müssen die Ruderer immer ausweichen und im Rennen dann auch die Ideallinie verlassen. Die von den Dickschiffen, aber auch von Sportbooten die wenig bis keine Rücksicht nehmen, verursachten teilweise sehr hohen Bug- und Heckwellen, sind sehr heftig und unangenehm, kosten Kraft und Zeit. Doch bei allen die diese sportliche Herausforderung geschafft haben sieht man zwar müde aber vor allem strahlende Gesichter. Geschafft aber überglücklich diese enorme Distanz gut gemeistert zu haben. Beim Rheinmarathon sind alle die das Ziel erreichen, Sieger.

RCN-Boot 1: Beim Nürtinger Masters-Vierer zeigt sich Erschöpfung und Freude zugleich, als Hans Willi Kies, Martin Fouque, Gerhard Kehl, Andreas Keller und Patrick Plagge (v.l.n.r. ) nach knapp 43 Kilometern das Ziel erreichen. Später stellte sich heraus, dass sie ihre Altersklasse gewonnen hatten.

RCN-Boot 2: Peter Maier, Andreas Lingscheid, Charlotte Rudolf, Ansgar Müller und Marcel Kirchner (v.l.n.r. ) waren stolz, bei ihrem ersten Marathon eine tolle Mittelfeldplatzierung erreicht zu haben

Erfahrungsbericht von Andreas Lingscheid:

Die Möglichkeit nochmal die Strecke zu rudern, die ich als Kind und Jugendlicher über Jahre kennengelernt habe, war alleine schon Motivation genüg, als Patrick im Breitensportbereich nachfragte, ob es Interesse an der Teilnahme am Rheinmarathon 2013 gab.
Mit Charly, Peter, Marcel, Ansgar und mir fand sich eine Mannschaft, die als Masters C die besondere Rheinherausforderung annehmen wollte.
Obwohl der Streckenverlauf von Köln-Stammheim nach Düsseldorf in großen Teilen entlang der Standorte und Anlagen der chemischen Industrie: Bayer, Lanxess, Henkel führt, bietet der Rhein doch, was der Ruderer in Nürtingen nicht kennt. Durch die Breite des Rheins, lange Geraden und Biegungen entsteht eine Weite, die den Horizont zurücktreten lässt und einen sich sehr viel kleiner „im Spiel der Elemente“ vorkommen lässt.
Denn Aufmerksamkeit ist geboten: der Rhein fließt mit ca. 6 km/h Strömung, die Berufsschifffahrt, häufiger Nordwestwind und die verbauten Rheinufer sorgen für fast fortdauernden Wellengang, was bei Unaufmerksamkeit schon einige Boote mit „absaufen“ bezahlen mussten.
Neben einer ruderischen Herausforderung stellt eine Regattateilnahme daher auch eine technische Herausforderung dar, um die Boote so vorzubereiten, dass ein „Wassereintritt“ möglichst vermieden wird.
Beide teilnehmenden Teams konnten auf die langjährige Erfahrung von Matthias, dem Vorjahressieger, zurückgreifen, der das Konzept für Bug- und Heckabdeckung vorgab. An dieser Stelle besonderer Dank an Patrick, der Stunden an der Ausführung der Konstruktion (Wiederverwendbar!!!) für unsere zwei Boote beschäftigt war.
Den Unterscheid, ein Boot mit oder ohne Abdeckungen auf dem Rhein zu fahren, ist in etwa so, als ob man mit seinem Auto oder einen Jeep durch die Wüste fährt: Es kostet Überwindung die Wellen im 90 Gradwinkel zu durchfahren. Alleine diese Erfahrung lohnt schon, um zur Regatta zu fahren.
Zum Rennen selber: Als „Rheinerfahrener“ Ruderer wurde ich zum Steuerermann erklärt. Trotz vorheriger Überlegung zu wechseln - was wenige Mannschaften machen – musste ich Peter bei Kilometer 30 des Rennes fast bitten, noch einige Kilometer rudern zu dürfen.

  1. Platz, 2:34:39, ca. 16 Minuten mehr als das Siegerboot in unserer Klasse (RCN), ca. 28 Minuten mehr als die Renngemeinschaft, in der Matthias in diesem Jahr den zweiten Platz holte. Ich glaube, wir alle fühlen uns als Sieger und stellten fest, dass die Zeitabstände auch nach 42,8 Kilometer auf dem Rhein die gleichen bleiben, wie nach zwei Stunden rudern auf dem Neckar.
    Nächstes Jahr wieder? Unbedingt! Und hoffentlich in großer Anzahl. Es gibt sicher bedeutendere Siege als der Rheinmarathon, nirgends aber habe ich einen größeren Siegerpokal als den Sonderpreis für den Gewinn des Rennens „Seegig-Vierer“ gesehen - also nächstes Jahr vielleicht in der Seegig ….

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