Auftakt der Langstrecken-Saison bei der EUREGA

Nach ihrem letztjährigen gemeinsamen Auftritt gingen die Langstrecken-affinen RCNler Matthias Auer und Patrick Plagge die XXIII. Europäischen Rhein-Regatta (EUREGA) in unterschiedlichen Teams an. Beide wählten die längere der beiden angebotenen Strecken, welche über 100 km von der Loreley nach Bonn führt. Während Matthias eigentlich frühzeitig, aber dennoch fast zu spät ein Team formte – er konnte bei einer Anmeldung nur 3 Tage nach Öffnung der Meldeliste gerade noch den letzten 100km-Startplatz der hoffnungslos überbuchten Regatta ergattern – kam Patrick eleganter und weniger nervenaufreibend zum Regattaeinsatz. Auf Anfrage der befreundeten Kollegen des ARC Rhenus Bonn füllte er die personelle Lücke, die ein zur Selbstfindung ins Kloster abgewanderter Kamerad hinterlassen hatte. Sachen gibt´s...
Für ein gemeinsames Training in (fast) voller Mannschaftsstärke reichte es für beide RCNler lediglich ein Mal. Patrick tat sich am Wochenende vor Ostern mit 3 seiner EUREGA-Mitruderer eine 85km-Tour von Bonn nach Düsseldorf im E-Gig-4x- an. Sehr windige Verhältnissen und reger Schiffsverkehr sollten das Training in der schweren Schüssel zu einer echten Herausforderung an Physis und Geist machen. Neben dem Wissen, lange und hart gearbeitet zu haben, hinterließ die Befahrung der Rheinmarathonstrecke (mit einer 42km-Marathonstrecke Anlauf…) die Erkenntnis, dass die Verhältnisse auf diesem Rhein-Abschnitt in der Tat wahrlich hässlich sein können. Matthias hatte seinen Testlauf am nachösterlichen Wochenende, also eine Woche vor der EUREGA. Der süddeutsche Kern des Teams (Olaf Behrend aus Ulm, Sebastian Frohn und Jörg Reinhardt aus Karlsruhe sowie Matthias) traf sich zum aufeinander Eingrooven bei der Karlsruher Alemannia, um dort auch das Wettkampfboot – ein frisch auf den Namen „Flying Dutchman“ getaufter 5x/4x+ der niederländischen Wiersma-Werft – auf Herz und Nieren zu prüfen. Nach 2 Ausfahrten über insgesamt 57 km, bei deutlich besseren Bedingungen als den vorhergesagten, konnte man sowohl hinsichtlich des Bootes als auch der Mannschaft optimistisch gen Wettkampf schauen.
Während bei Patricks Team die Logistik-Planung in geregelten Bahnen verlief, so war es für Matthias´ Mannschaft noch eine aufregende prä-Regatta-Woche mit einigen Aufs und Abs. Der Transport aus Karlsruhe bröckelte peu à peu weg, da Alemannia-Teams auf der Warteliste eigentlich fest eingeplante Nachrückplätze nicht erhielten, alternative Wanderfahrten nicht zu Stande kamen und zuletzt von der ursprünglichen Logistik quasi so gut wie gar nichts mehr übrigblieb. Zwei Tage vor der Anreise eintreffende Emails mit dem Betreff „Großes Problem“ sind nicht gerade nach des Organisators Gusto. Schlussendlich rettete Olaf die Situation mit den Plänen einer Ochsentour ab Ulm mit Privat-Kfz und Privat-Hänger eines Ulmer Kollegen. Damit war die Logistikfrage am 1. Mai, also am Vortag der Anreise, endlich geklärt. Immer schön entspannt bleiben…
Anreise und Bootspräparation liefen dann dafür bei Matthias´ Team wieder problemfrei. Henning Osthoff aus Hamm war schon in St. Goar und nahm die Kollegen in Empfang. Dort erhielten die Mannen unerwartet die Möglichkeit, im Bootshaus des WSV Rheinfels zu übernachten, was Gerüchten zufolge eigentlich nicht möglich sein sollte und dankenswerterweise den Marsch zum Campingplatz ersparte. Mannschaft fit und motiviert, Nachtlager gesichert, Boot optimal eingestellt und präpariert – und Ready to Ruuummmbllllle!
Patrick hatte mit seinen Kollegen David Kaiser, Jens Schröder, Julian Bellinghausen und Tobias Meinhold vom ARC hingegen noch etwas mehr zu tun. Die zuhause gebliebene Heckabdeckung musste ersetzt bzw. im wahrsten Sinne des Wortes noch vor Ort geschnitzt werden. Und auch auf die Einstellarbeiten hätte man am Vortag der Regatta getrost verzichten können. Aber wat mutt, dat mutt. Nach Abschluss der Vorarbeiten tröpfelten nach und nach die Ruderer der 20 Teams zur abendlichen Pasta-Party und Strecken-Einweisung in die Loreley-Herberge auf dem berühmten Felsplateau ein. Es wurden trockenes Wetter, mäßige Temperaturen um maximal 15°, niedriger Wasserstand mit geringer Strömung, unangenehmer, tagsüber auffrischender Wind aus nördlichen bis nordöstlichen Richtungen und scharfe Streckenposten versprochen, die jegliche Überschreitungen der harten, aber z.T. eher schwammig formulierten Vorgaben ahnden sollten.
Nach einer (aufgrund eines intensiv um die eigene Längsachse rotierenden und entlang selbiger meterweit driftenden Ruderers…) für manche eher unruhigen Bootshaus-Nacht, stellten die selbsternannten Langstrecken-Profis beim Frühstück belustigt eine leichte Dysbalance hinsichtlich ihrer Ausstattung fest: genau ein einziger hatte an Geschirr und Besteck fürs Frühstück gedacht. Dafür verfügte man über 5 Krankenhaus-Pinkelflaschen für den Steuerplatz! Das nächste Mal gibt es dann vielleicht doch besser wieder eine genauere Zuweisung, wer welche Utensilien mitzubringen hat und eine idiotensicherere Was-mit-muss-Liste zum Abhaken…
Obwohl inflationäre 8 der insgesamt 20 Teams den klugen Einfall hatten, ihre Boote auf der „falschen“ Seite des Rheins in St Goar einzusetzen um dem morgendlichen Stau an der offiziellen Einsetzstelle im Schutzhafen Loreley zu entgehen, ging es beim WSV Rheinfels zivilisiert und geordnet zu. Die Kreuzung des Rheins zum Schutzhafen, dessen Ausgang die Startlokalität darstellt, war in diesem extrem schnell fließenden Rhein-Abschnitt nicht ganz ohne – hohe Standwellen sorgten bei Matthias´ Crew für eine substanzielle Übernahme von Wasser, die während des gesamten späteren Rennens nicht mehr übertroffen werden sollte; und zu der Erkenntnis, dass die Wichtigkeit trockener Füße stark überschätzt wird…
Eine Viertelstunde vor dem Regattastart waren alle Teams im Schutzhafen versammelt und warteten auf die Freigabe des gestaffelten Starts. Fast pünktlich gingen Patrick und Crew auf Geheiß der Regattaleitung als Erste ins Rennen, bzw. zumindest versuchten sie es. Nach wenigen Schlägen raste die WasserSchutzPolizei heran und erzwang einen Startabbruch: „WIR starten das Rennen“. Also Wende, zurück, und dasselbe nochmal, dieses Mal mit dem Segen der WaSchPo, die diesen Beweis ihrer Macht offenbar für ihr Ego brauchten. Die weiteren Boote der offenen Klasse folgten unbehelligt in ca. halbminütigen Abständen. Als 7. und letzte der Kategorie überfuhren Matthias und Co. die imaginäre Startlinie. Sie hatten damit alle für den Gesamtsieg relevanten Gegner „im Blick“, insofern man bei sich rückwärts fortbewegenden Sportlern davon sprechen kann. Die Mixed- Damen- und Veteranenklassen folgten mit kleiner Lücke.
Das Feld sortierte sich schnell in der erwarteten Art und Weise: Der ARC Rhenus mit Patrick konnte sich vorne von den nachfolgenden Booten 2 bis 5 absetzen, während Matthias´ Rgm. und die direkt davor gestartete RG Grünau das Feld von hinten aufrollten. Nachdem 2 schwächere Boote sehr schnell eingeholt waren, zogen Grünau und Hamm/Karlsruhe/Nürtingen/Bonn nach etwa 10 Kilometern fast simultan am eigentlichen Stockerlplatz-Kandidaten Stuttgart-Cannstatt vorbei. Matthias und Co. überholten im Anschluss auch gleich noch die Grünauer und machten sich auf die Verfolgung der etwa 400 Meter vorneweg fahrenden Bonner. Deren Kielwasser erreichten sie nach weiteren 10 Kilometern und erkämpften sich Schlag um Schlag den Platz an der Sonne. Nun musste man das Ganze „nur noch“ über die nächsten knapp 80 km kontrollieren und nach Hause rudern…
Weniger entspannt war der weitere Rennverlauf für Bonn/Nürtingen, die sich des Angriffs der RG Grünau erwehren mussten. Letztere folgte hartnäckig etwa im Bereich des Startabstands, teils weniger, und war lange Zeit einfach nicht abzuschütteln. Dieser Kampf um den 2. Platz sollte bis weit nach dem Start der 45km-„Kurzsteckler“ in Neuwied anhalten. Die frischen Boote ab Neuwied sorgten dann auch für das einsam führende Boot der Mannen um Matthias wieder für etwas mehr Abwechslung und Ablenkung beim Kampf mit den zunehmend unangenehmeren Bedingungen infolge verstärkten Gegenwinds. Etwa 30 Kilometer vor dem Ziel konnte Patricks Team den Abstand auf Grünau erstmals sichtbar erhöhen und in der Folge weiter ausbauen – bis zur Zielankunft beim Bonner Ruderverein bis auf fast 3 Minuten. Matthias hatte mit seinen Kollegen das Rennen mehr oder weniger konzentriert und fokussiert zu Ende gebracht, den „Flying Dutchman“ teilweise wirklich zum Fliegen gebracht und bis zur Ziellinie über 14 Minuten auf den ARC herausgefahren. Durch eine – natürlich (zumindest an dieser Stelle ;-) ) – ungerechtfertigte 2-Minuten-Zeitstrafe für einen zu großen Uferabstand in einer Außenkurve wurde der Vorsprung etwas reduziert und es stand eine korrigierte Siegerzeit von 5:21:10h zu Buche. Bonn/Nürtingen fand mit einer Zeit von 5:33:26h als Klassen- und Gesamtzweiter Eingang in die Ergebnisliste.
Bei der Siegerehrung wurde Matthias Team einmal mehr ausgiebig mit Naturstein-Pokalen bedacht: neben dem nur für die Siegerehrung übergebenen Wanderpokal der Veranstaltung gab es Steine für den Klassen- und den Gesamtsieg zum Mitnehmen. Alle Teilnehmer der insgesamt 75 Mannschaften auf Kurz- und Langstrecke erhielten die begehrten EUREGA- Shirts in vorbestellter Größe. Leider wurde das schöne Motiv in diesem Jahr etwas durch die Farbauswahl verschandelt: Pink auf khaki- (oder eher kacki-)farbenem Stoff ist nicht Jedermanns/-fraus Sache…
Einen schönen Regattaausklang gab es wie im vergangenen Jahr auf der großen Terrasse des ARC Rhenus Bonn bei Grillgut, Salat- und Nachtisch-Buffet und natürlich Bier. Mit Kollegen aus Bremen taperten Patrick und Matthias schließlich noch die 2 km in die Rheinauen, um zusammen mit 120000 entlang des Rheinufers das Groß-Feuerwerk „Rhein in Flammen“ aus nächster Nähe zu betrachten. Eine weitere Boothausnacht, ein ausgedehntes Frühstück auf der Rhein-Promenade bei Sonne und Windstille(!) zusammen mit der lustigen Groß-Truppe aus Cannstatt, und ein ereignisreiches Wochenende ging mit der unvermeidlichen langen Heimfahrt ins Schwäbische zu Ende.

Die glücklichen Gewinner von Klassensieger-, Gesamtsieger- und EUREGA-Wanderpokal (v.l): Olaf Behrend, Sebastian Frohn, Henning Osthoff, Matthias Auer und Jörg Reinhardt.

eurega.org

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