Mit Handikap zu Bronze

Von ‚Wolke Sieben’ runter auf ‚Alles-ist-vorbei’ und dann doch noch aufs Treppchen. So verlief die Achterbahnfahrt für Lars Lorch vom Ruderclub Nürtingen (RCN) auf der Junioren-WM in Rio de Janeiro.

Schlechter kann ein Finaltag kaum beginnen: Der Co-Schlagmann des deutschen Juniorenachters, in dem auch Lars Lorch sitzt, fällt morgens mit Magen-Darm-Virus aus und der in fünf Wochen Trainingslager mit ca. 1000 Trainingskilometern zusammen eingeübte Schlagrhythmus ist dadurch schlicht Makulatur. Wie immer auf einer Ruder-WM stehen natürlich Ersatzleute für solch einen Fall bereit, aber – das Team ist dann schlicht nicht eingefahren.
Und wenn dies dann noch am Finaltag passiert, könnte man eigentlich auch gleich abmelden. Die Chancen stehen da quasi bei Null. Auch für die Psyche ist dies extrem, nach Vorlaufsieg mit Bestzeit aller Boote. Aber die Jungs um Lars Lorch glaubten dennoch an eine Chance.
Nach dem Motto: jetzt erst recht !

Da Lorch natürlich die gesamte Vorbereitung mitgemacht hatte, wurde er im Boot nach vorne auf den Co-Schlagplatz des Erkrankten gesetzt und der Ersatzmann übernahm den Platz von Lorch. Dies kompensierte den Ausfall etwas. Danach nutzte man die zwei Kilometer ‚Einfahrzeit’ vor dem Rennen so gut es ging.

Am Start kam das deutsche Boot dann verblüffend gut weg. Die Amerikaner waren etwas voraus, aber der deutsche Achter konnte sich wider Erwarten an die US-Boys dranhängen. Auch die Italiener und Briten mischten mit. Die Holländer wie auch die Russen verschliefen den Start. So ging es dann auf die Streckenhälfte bei 1000m zu. Hinter den Amerikanern, die weiter in Front lagen, gab es aber schon wilde Positionskämpfe. Auch die Holländer kämpften sich nun heran, so dass sich dann vier Boote auf die Verfolgung des US-Bootes machten. Und so jagten fünf Achter über den Lagoa de Freitas in Rio de Janeiro. Ein toller Anblick auf der Olympia-Regattastrecke im nächsten Jahr. Dazu wurde es auch noch mehr als dramatisch. Die Holländer rollten nun endgültig das Feld von hinten auf und die Briten mussten abreißen lassen. USA, Italien und die deutschen Jungs gaben das Letzte, um für Silber und Bronze ihren Bugball in Front zu schieben. So ging es dann auch über die Ziellinie: Holland vor .... ???
Das Zielfoto musste Aufschluss bringen.
Sieben Zehntelsekunden entschieden hier über Silber- und Blechmedaille: USA vor Deutschland und Italien. Aber es wollte kein Jubel im deutschen Boot aufkommen über den Gewinn der Bronzemedaille. Klar, man hatte die Holländer, die jetzt neuen Weltmeister, im Vorlauf noch klar mit vier (!) Sekunden geschlagen. Natürlich weint man dann solch einer Chance hinterher. Aber mit so einem Handikap, wie es dem deutschen Junioren-Achter widerfuhr, noch auf den Bronze-Rang zu rudern, das ist eigentlich ein gefühltes Gold! So meinte auch Lars Lorch nach dem Rennen: ‚Ich denke, wir müssen zufrieden sein. Wir haben aus der Situation noch das Beste gemacht.’ Auch der Kommentar von Bundestrainer Bernd Nennhaus bringt es auf den Punkt: ‚Im Leben gehört auch Pech dazu.’

Der Ruderclub Nürtingen freut sich aber riesig über die dritte WM-Medaille in den letzten drei Jahren in Folge und wünscht Lars Lorch eine gute Heimreise.

Der deutsche Junioren-Achter mit Lars Lorch ( Zweiter von links ) kann sich ob der unglücklichen Umstände noch nicht wirklich über die Bronzemedaille auf der Junioren-WM in Rio freuen. Diese ist jedoch nach der Meinung aller RCN-Mitglieder Gold wert !
Foto: meinruderbild.de

‹ Zurück zur Übersicht