Mein Leben mit der Ruderei

Von Werner Rapp

Im Herbst 1947 war ich auf der Heimfahrt vom Baden im Neckar. Es gab damals noch kein Freibad, sondern die Bademöglichkeit war auf den Neckar beim Wörthstadion beschränkt. Beim Bootssteg des Ruderclubs hatten gerade 4 ältere Herren ein Boot zu Wasser gebracht. Ich schaute dem Vorgang aufmerksam zu und plötzlich kam einer der 4 Herren auf mich zu und bat mich, das Boot zu steuern, da sie keinen Steuermann hätten.
Ich war überrascht, sagte jedoch zu, obwohl ich keinerlei Erfahrung hatte.
Alles klappte hervorragend und die Herren entdeckten auch meine Lust, selbst zu rudern.
Sie empfahlen mir, 3 weitere Kumpels für das Rudern zu begeistern und mit diesen wieder zu kommen.
Also versuchte ich, unter meinen Klassenkameraden weitere für das Rudern zu begeistern. Im Frühjahr 1948 war es dann soweit und wir fanden uns beim Bootshaus ein. Der damalige Trainer Bauer bemühte sich um uns, doch gab es keinen rechten Fortschritt. So blieben 1948 nur noch Dieter Zahn und meine Wenigkeit übrig. Für uns zwei bot sich die Möglichkeit, im Frühsommer die Regatta in Marbach zu besuchen. Wir fuhren mit dem Zug nach Ludwigsburg, wo wir von Herrn Fischer abgeholt wurden. Natürlich waren wir nur Zuschauer. Eine andere Jugendmannschaft aus Nürtingen war zwar am Start, konnte jedoch nicht begeistern. Am liebsten hätte uns der Trainer noch auf der Regatta in die Mannschaft eingebaut.
Zu diesem Umbau kam es dann nach unserer Rückkehr auch und so entstand die Mannschaft, die schließlich aus Herbert Ankele, Werner Rapp, Dieter Zahn, Georg Wenzelburger und dem Steuermann Dieter Schöllhammer bestand.
Ab Herbst 1948 eilten wir von Sieg zu Sieg.
In der Jugend starteten wir im Gig-Vierer und später, bei den Aktiven, im Rennvierer mit Steuermann. Dabei konnten wir auf Süddeutschen Regatten über 30 Siege einfahren.
Das große Problem war der Bootstransport, denn wir hatten noch keinen Bootstransportwagen und mussten unsere Boote mit LKW der Firma Metabo transportieren, wobei wir Ruderer gleichfalls auf der Pritsche mitfuhren. In der aktiven Klasse hatten wir mit Arno Kumpe einen neuen, altbewährten Trainer erhalten.
So besuchten wir Regatten in Cannstatt, Lauffen, Konstanz, Mannheim, Stuttgart, Esslingen, Waldsee, Tübingen, Starnberg, Waiblingen, Marbach und Offenbach.

Unsere Ruder-Laufbahn endete 1952, da der berufliche Werdegang von Dieter Zahn und mir ein aktives Training nicht mehr erlaubte.

Trotzdem blieb ich dem RCN erhalten. Ich widmete mich vorwiegend dem Nachwuchs und führte vor allem das Kinderrudern beim RCN mit Erfolg ein. Dies war sicher auch der Grund, warum mich der Landesruderverband als Jugendwart anheuerte. Außerdem habe ich 1969 die nationale Schiedsrichterlizenz erworben.

Beim Rudertag in Hanau wurde ich dann in den Ausschuss „Jugend und Schülerrudern“ des Deutschen Ruderverbandes berufen. Doch schon 1970 warb mich der Ausschuss „Regattawesen“ des DRV ab. Dies war auch der Grund, weshalb ich die internationale Schiedsrichterlizenz erwerben musste.
In dieser Position kam ich nun zu zahlreichen internationalen Einsätzen auch im Ausland, etwa in Kopenhagen, Wien, Klagenfurt, Baniolas in Spanien und zu verschiedenen Regatten in Italien und der Schweiz. Aber natürlich war ich auch in Deutschland auf allen Großveranstaltungen wie Hamburg, Kiel, Berlin, Essen, Duisburg, Mannheim, Heidelberg, vor allem aber München mit dabei.

Aus dieser Zeit noch ein paar besondere Erinnerungen:

Mein erster Einsatz in Luzern
Ich war als Besucher zur internationalen Regatta angereist.
Plötzlich kam der FISA-Präsident auf mich zu mit der Aufforderung, mit zu kommen. Er erklärte mir dann, dass ich sofort auf den Starterturm gehen solle, um den amtierenden Herrn abzulösen. Meine Überraschung war mir sicher anzumerken; der Vorgänger habe scheinbar einige Patzer gemacht, wie mir erklärt wurde. Ich waltete also meines Amtes und wie sich zeigte, zur vollen Zufriedenheit des Präsidenten. Von nun an war ich ständiger Gast auf der Rotsee-Regatta

Eine Episode aus Wien
Ich war von Beginn der Regatta als Starter vorgesehen. Als ich an den Start kam, waren alle Startbrücken von splitternackten Girls belegt. So konnte ich meines Amtes nicht walten! Nach meiner Rücksprache mit der Regattaleitung kam die Wasserpolizei und regelte das Ganze.

Vorolympische Regatta Barcelona
Ich war ab dem ersten Rennen in Banjolas als Starter tätig.
So auch im Vorlauf der Männer Einer. Der spanische Einer-Ruderer kam entschieden zu spät zum Start, was eine Verwarnung zur Folge hatte. Danach fabrizierte er einen kapitalen Frühstart. Die Folge war natürlich ein Ausschluss, was nicht nur den Ruderer selbst, sondern den ganzen Regattastab schockierte. Man wollte unbedingt, dass ich meine Entscheidung rückgängig machen sollte. Nachdem ich dies ablehnte, wurde ich abgelöst. Meine Entscheidung wurde allerdings im Nachhinein von der FISA als richtig bestätigt.

Regatta Comer See in Italien
Ich war Schiedsrichter und hatte 6 Achter am Start. Der Start klappte einwandfrei, doch nach halber Strecke kenterte ein Boot. Kurze Zeit später ereilte 2 weitere Boote das selbe Schicksal. Schließlich erreichten nur 2 Boote die Ziellinie. Es war ein derart starker Sturm aufgekommen, dass die Regatta unterbrochen werden musste. Daraufhin wurden die noch am Start liegenden Boote mit Hängern vom anderen Ufer zurück geholt und die Regatta unterbrochen.

Höhepunkt meiner Karriere sollte jedoch Olympia in Moskau werden.
Ich hatte schon die feste Nominierung.
Nachdem aber die Deutschen Sportler allesamt ausgeladen wurden, habe auch ich meine Zusage zurückgezogen, obwohl ich schon das Flugticket zugestellt bekommen hatte.

Meine letzte berufliche Tätigkeit führte mich in Südkorea nach Seoul. Am ersten Abend hatte Ich eine Unterhaltung mit dem dortigen Geschäftspartner. Dabei kam das Gespräch auch auf das Thema Rudern. Er erklärte mir, dass sie am nächsten Tag eine Ausscheidungsregatta hätten, zu der er mich einlud. Ein Taxi brachte mich zur Regattastrecke, wo ich am Eingang schon erwartet wurde. Er bat mich, unbedingt den Starter zu machen, da sie keine Internationalen hätten und ihre Ruderer sich auch daran gewöhnen sollten.

Mit 65 Jahren ging auch meine Schiedsrichter-Karriere schließlich zu Ende.

Von der FISA, dem DRV und von Luzern habe ich hierfür wirklich schöne Ehrenzeichen erhalten.

Januar 2017 // Bericht: Werner Rapp // Fotos: divers